Hier finden sich Verlinkungen zu Videovorträge zur eingängigen Ethikvorlesung von Prof. Dr. Dietmar Hübner (2014). Die Ausführungen geben keine direkten Antworten auf ethische Fragestellungen im Kontext der Sozialen Arbeit. Diese Videovorträge ermöglichen vielmehr eine vertiefte Auseinandersetzung mit ethischen Theorien. Hat man sich z.B. gerade mit einem ethischen Text auseinandergesetzt und will die behandelten Inhalte ergänzen oder festigen, dann sind diese Videovorträge weiterführend. Vielleicht helfen sie auch zum Aufwärmen, bevor man sich mit einer ethischen Thematik auseinandersetzt. Um die Videovorträge gezielt nutzen zu können, wird vorausgesetzt, dass man einen ethischen Begriff, die Bezeichnung eines Ansatzes oder den Namen eines Ethikers oder einer Ethikerin kennt, z.B.: Kategorischer Imperativ, Tugendethik oder Aristoteles. So findet man den passenden Videovorträge.
Die Videovorträge von Hübner bieten Einblicke in ethische Konzepte, Denkansätze und Strömungen an. Hübner nimmt darin eine philosophische Perspektive ein. Das heisst, dass die argumentative Basis eines Ansatzes mindestens genauso interessiert wie dessen allgemeine praktische Konsequenzen. Mögliche Angriffe und Verteidigungen eines Ansatzes werden jeweils durchgespielt, wobei sowohl rein logische als auch pragmatische Argumente ins Feld geführt werden. In vielen Fällen kann das zusätzliche Wissen ethische Diskussionen im Kontext der Sozialen Arbeit bereichern; in einigen Fällen wirkt der handlungsentlastete und etwas kalte philosophische Blick klärend. Jedenfalls verhelfen die vorgestellten Ansätze und Konzepte, ethische Diskussionen im Kontext der Sozialen Arbeit zu strukturieren.
Hier werden die Grundbegriffe Ethik und Moral sowie die die Unterscheidung von praktischer Philosophie und theoretischer Philosophie geklärt. Darauf aufbauend wird die Einteilung in Normative Ethik, Deskriptive Ethik und Metaethik erläutert. Zudem gibt Hübner einen Überblick zur gesamten Vorlesungsreihe und empfiehlt Einführungswerke zur Ethik.
zum VideoHier werden die Grundbegriffe Ethik und Moral sowie die die Unterscheidung von praktischer Philosophie und theoretischer Philosophie geklärt. Darauf aufbauend wird die Einteilung in Normative Ethik, Deskriptive Ethik und Metaethik erläutert. Zudem gibt Hübner einen Überblick zur gesamten Vorlesungsreihe und empfiehlt Einführungswerke zur Ethik.
zum VideoHier wird die Deskriptive (beschreibende) Ethik anhand von drei Vertretern verschiedener Disziplinen behandelt. Adam Smith vertritt die philosophische Perspektive. Lawrence Kohlberg fokussiert auf Individuen und vertritt somit die Perspektive der Psychologie. Niklas Luhmann nimmt die Perspektive der Soziologie ein und interessiert sich für Gesellschaften als Ganzes.
zum VideoEinleitend werden die drei Ebenen der Metaethik erläutert: die Ontologische Ebene (Was ist die Seinsweise des Moralischen?), die Epistemologische Ebene (Was ist die Erkenntnisweise des Moralischen?), die Sprachanalytische Ebene (Wie ist die Sprache der Moral beschaffen?). Auf dieser Basis wird der Sein-Sollen-Fehlschluss (= naturalistischer Fehlschluss) unter Bezug auf David Hume (epistemoloigsche Ebene) und George Edward Moore (sprachanalytische Ebene) erläutert.
zum VideoDie metaethischen Positionen Kognitivismus und Nonkognitivsmus werden einander gegenübergestellt. Es geht dabei um die Frage: Sind moralische Aussagen überhaupt wahrheitsfähig? Dabei werden der Emotivismus und der Präskriptivismus als zwei Formen des Nonkognitivismus erläutert.
zum VideoDie normative Ethik hat den Anspruch, objektiv gültige Aussagen machen zu können und kann entlang der Paare Generalsimus-Partikularismus und Rationalismus-Sensualismus systematisiert werden. Wie ist die Moral beschaffen (Ontologie)? Antwort Generalismus: Moral besteht aus allgemeinen Prinzipien. Antwort Partikularismus: Moral besteht aus konkreten Einzelfallurteilen. Was für einen Zugang haben wir zur Moral (Epistemologie)? Antwort Rationalismus: Moral ist Sache der praktischen Vernunft. Antwort Sensualismus: Moral ist Sache des moralischen Sinns.
zum VideoHier wird die für die Soziale Arbeit grundlegende Unterteilung in Tugendethik, Deontologie und Teleologie erläutert. Dabei wird (1:00 bis 22:00) ein Beispiel zwischen einer Ärztin und einem krebskranken Schriftsteller diskutiert. An diesem Beispiel wird deutlich gemacht, dass in der die Tugendethik die Motivation einer Handlung, in der Deontologie die Handlung an sich und in der Teleologie die Konsequenz einer Handlung im Fokus steht. Das Hauptgewicht liegt jeweils auf einem der drei Elemente (Motivation, Handlung, Konsequenz), die anderen beiden werden aber nicht ausgeblendet.
zum VideoMoralische Urteile beziehen sich immer auf menschliche Handlungen. Bei der Tugendethik interessiert die Motivation dementsprechend dann, wenn sie sich durch ein Handeln extern (in der Welt) realisiert. Auf dieser Grundlage werden die Haupttugenden gemäss Platon ausgeführt: Weisheit, Tapferkeit, Besonnenheit und Gerechtigkeit. Gerechtigkeit hat gemäss Platon eine übergeordnete Position, weil sie den Besitz sämtlicher ethischer Tugenden voraussetzt.
zum VideoHier wird folgendes Buch von Aristoteles bearbeitet: Die Nikomachische Ethik. Hübner führt in einer langen Argumentation aus, warum die aristotelische Ethik der Tugendethik zuzuordnen ist. In der Moral geht es um ein höchstes Ziel, die Glückseligkeit, die durch den Handlungsvollzug verwirklicht werden soll. Dies geschieht auf Basis der Vernunftbegabung des Menschen
zum VideoBei Aristoteles geht es darum, in verschiedenen Lebensbereichen durch Vernunft zwischen zwei falschen Extremen die richtige Mitte (= Tugend) zu finden: Tapferkeit, Besonnenheit, Freigiebigkeit, Hochherzigkeit, Ehrbewusstsein, Seelengrösse, Sanftmut, Freundlichkeit, Wahrhaftigkeit, Artigkeit, Gerechtigkeit. Durch Gewöhnung und Bewährung entsteht aus der Klugheit die richtige Haltung, der wohlgeformte Charakter, der adäquate Habitus. Am Schluss (ca. 36:00-47:00) wird der Praktische Syllogismus betreffend Tugend durchgespielt. Dies ist eine anspruchsvolle Sequenz, die aber eine solide Begründung des Habitus – auch für die Soziale Arbeit – liefert.
zum VideoThomas von Aquin baut auf Aristoteles auf. Seine Ethik basiert auf Kardinaltugenden (Klugheit, Gerechtigkeit, Mässigung, Tapferkeit) und christlichen/göttlichen Tugenden (Glaube, Liebe, Hoffnung). Auch verweist Hübner auf ein Revival von Tugendethiken in der Moderne. Am Schluss (ca. 36:30) wird kurz aber umso pointierter der Ansatz von Martha Nussbaum erläutert
zum VideoIn dieser systematischen (= nicht personengebundenen) Einheit definiert Hübner die Begriffe Zweck, Mittel und Nebeneffekt. In einem zweiten Schritt werden die Folgen für die moralische Beurteilung einer Handlung diskutiert, wenn Zweck und Nebeneffekt vertauscht werden. Dies wird an Beispielen wie dem Heilungsversuch und dem Humanexperiment erläutert: Es geht um die Frage, was mit einer Handlung intendiert und was bei einer Handlung hingenommen wird. Ab ca. 27:00 wird die Lehre von der Doppelwirkung am Beispiel der Notwehr, ab ca. 44:00 an den Beispielen Palliativmedizin und Schwangerschaftsabbruch erläutert.
zum Videoi weiteren Ausführungen zur Doppelwirkung werden Verschiebungen bei Zweck und Mittel betrachtet. Dazu präsentiert Hübner als zusätzliche Beispiele Terrorismus und Militäreinsatz. In diesem Kontext wird unter anderem auf das Instrumentalisierungsverbot Bezug genommen.
zum VideoDeontologische Ansätze orientieren sich an Prinzipien und konzentrieren sich auf die Handlung als solche. Hübner macht eine Auslegeordnung zu generellen Elementen (Universalisierung von Handlungen, adäquater Abstraktionsgrad) sowie Vor- und Nachteilen von deontologischen Ansätzen. Ab 15:00 wird Kant als Hauptvertreter der Deontologie eingeführt. Ab ca. 34:00 wird Kants zentrales moralisches Referenzkonzept, der kategorische Imperativ (das unbedingte Gesetz), eingeführt und deutlich von tugendethischen und teleologischen Ansätzen abgegrenzt.
zum VideoHier wird am Konzept des «guten Willens» die Abgrenzung Kants von tugendethischen und teleologischen Ansätzen nochmals aufgenommen und deutlich gemacht, dass es bei guten Handlungen nicht um «pflichtmässige» Handlungen, sondern um Handlungen «aus Pflicht» geht. Weiter wird ausgeführt, dass eine Handlungswahl nicht durch eine Neigung, sondern durch ein moralisches Gesetz bestimmt sein soll. Schliesslich wird als Verfeinerung moralischer Gesetze das Konzept der «moralischen Maxime» hergeleitet, welches den Charakter einer Handlung definiert.
zum VideoEingangs fasst Hübner die Grundbegriffe von Kant zusammen: «Guter Wille», Handeln «aus Pflicht», «Maxime». So kann eine erste Variante des kategorischen Imperativs in Bezug zum Universalisierungsgebot formuliert werden: «… handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.» Hübner analysiert diese Formulierung des kategorischen Imperativs tiefgehend.
zum VideoHier wird eine zweite Formulierung von Kants kategorischen Imperativ, die sich auf das Instrumentalisierungsverbot bezieht, analysiert: «Handle so, dass du die Menschheit, sowohl in deiner Person als in der Person eines jeden anderen, jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloss als Mittel brauchst.» Ab 18:30 werden die modernen deontologische Ansätze von Jürgen Habermas (Diskurstheorie) und John Rawls (Vertragstheorie) behandelt.
zum VideoIn dieser systematischen Einheit zu Stufen der Verbindlichkeit erläutert Hübner die Abstufung von Pflichten in Rechtspflichten, Tugendpflichten und Supererogatorisches (über das Pflichtgemässe hinausgehend, z.B. Selbstaufopferung). Diese Hierarchie kommt dann ins Spiel, wenn es zur Konkurrenz zwischen Pflichten kommt. Im Kontext der Sozialen Arbeit ist die Auseinandersetzung mit Pflicht-Kollisionen unausweichlich (Stichwort Mehrfachmandat).
zum VideoHier konzentriert sich Hübner auf die Ebene der Rechtspflichten: Welche Arten von Rechten gibt es (Abwehrrechte, Anspruchsrechte, Partizipationsrechte) und wer (z.B. Individuum) kann diese wem (z.B. Staat) gegenüber geltend machen? Unter anderem kommen Versorgungssysteme, also der genuine Kontext der Sozialen Arbeit, zur Sprache. Durch die Hierarchisierung von Rechten (und Konzepten wie der Betroffenheitstiefe) werden Kollisionen von Rechtsansprüchen bearbeitbar gemacht. Rechte können so besser gegeneinander abgewogen werden und dies ist insbesondere für die Soziale Arbeit weiterführend.
zum VideoWelche Pflichten sind dringlicher, welche weniger dringlich? Für die Beantwortung dieser Frage kann eine Vertiefung von Regeln mit Bezug zur Betroffenheitstiefe helfen sowie die Unterscheidung von Tun, Handeln und Unterlassen. Anhand von klassischen Beispielen (Trolley cases, überzählige Embryonen, entführte Terrorflugzeuge) macht Hübner die Regeln und Unterscheidungen greifbar, wobei der Widerstreit von Rechten nicht gelöst, aber geklärt werden kann.
zum VideoAm Beispiel des finalen Rettungsschusses (bei Geiselnahme) werden Regeln zur Abwägung von Rechten durchgespielt und mit dem Konzept der vorausliegenden Rechtsbilanz ergänzt. Durch weitere Beispiele erläutert Hübner zusätzlich die Rolle der Ungewissheit sowie die Rolle von Statusunterschieden (Rechtsstatus). Dies eröffnet das Feld zur Diskussion von Embryonenrechten und Tierrechten.
zum VideoBei teleologischen Ansätzen liegt der Hauptfokus der Bewertung auf den Konsequenzen (herbeigeführte Zustände in der Welt) einer Handlung. Der Utilitarismus, die teleologische Hauptströmung, orientiert sich an folgendem Grundprinzip: «Führe diejenige Handlung aus, durch die eine grösstmögliche Summe an Nutzen für alle Betroffenen erreicht wird.» Hübner stellt Varianten des Utilitarismus vor (Akt-Utilitarismus und Regel-Utilitarismus) und erläutert dessen zentrale Elemente: Skala (Glück, Präferenz) und Kriterium (Summe, Durchschnitt).
zum VideoWeil der Utilitarismus provoziert, erläutert Hübner verschiedene Gegenargumente: Betreffend Skala (Nutzen) ergeben sich technische und moralische Probleme; betreffend Kriterium (Nutzensumme) kognitive und psychologische Probleme. Als Zentralproblem führt Hübner die Unvereinbarkeit von Utilitarismus und Egalitarismus aus: Die «Maximierung von Summe und Durchschnitt kann zu erheblichen Ungleichheiten führen.» Ab 33:30 wird der Ansatz von Jeremy Bentham als Gründungsvater des Utilitarismus vorgestellt.
zum VideoJohn Stuart Mill gilt als Hauptvertreter des Utilitarismus und bei ihm ist die Nähe zum politischen Liberalismus besonders ausgeprägt. Hübner nimmt Mills «Beweis des Utilitarismus» auseinander, wobei er sowohl einen möglichen naturalistischen Fehlschluss (im Beweis) ins Feld führt als auch Argumente von Gleichheitstheorie und Mindestversorgung. Als Fazit kann man den Beweis von Mill als widerlegt betrachten.
zum VideoHenry Sidgwick utilitaristische Grundargumentation basiert auf der intertemporalen und interpersonalen Maximierung der Glückssumme. Hübner führt aus, dass Sidgwicks Argumentation angreifbar ist, unter anderem weil die Verschiedenheit von Menschen zu wenig ernst genommen wird. Mit dem Konzept des Idealen Beobachters (sowohl wohlwollend als auch parteilos), wird versucht, dieses Problem zu lösen, was aber nur teilweise gelingt, weil Wohlwollen und Parteilosigkeit in bestimmten Konkurrenzsituationen nicht weiterhelfen.
zum Video